12. Oktober 2017

Zu den wirtschaftlichen Hintergründen der Schulreform

Gewinnmaximierung, Deutungshoheit und Macht sind im Bildungsbereich wichtiger geworden als gute Lernvoraussetzungen im Klassenzimmer. Zu den grossen Profiteuren gehören einerseits die Fachhochschule Nordwestschweiz, welche sich teure Forschungsaufträge aus öffentlichen Mitteln sichert, andererseits die Lehrmittel- und Weiterbildungsindustrie, sowie Beratungs- und Softwarefirmen, die sich lukrative Aufträge angeln und so steigende Umsätze generieren. Zwei Beispiele:
Bildungsreformen - ein millionenschweres Geschäft, Basellandschaftliche Zeitung, 12.10. Gastkommentar von Jürg Wiedemann


■ Die Entwicklung der vier an den Volksschulen durchgeführten und von einer überwiegenden Mehrheit der Lehrpersonen abgelehnten Leistungschecks sowie die Bereitstellung der dafür notwendigen Software kosteten 2,7 Millionen. Die dafür jährlich wiederkehrenden Kosten betragen alleine für unseren Kanton über 500 000 Franken – ein gewinnbringendes und sicheres Geschäft für die Privatindustrie.

 ■ Die Verlagsindustrie verdient sich mit der neu eingeführten Fremdsprachenideologie eine goldene Nase. Sie produziert die ökologisch verwerflichen Einweglehrmittel New World, Clin d’Oeuil und Mille feuilles, welche bis zu elfmal teurer sind wie die Vorgängerlehrmittel. Nutzniesserin ist auch die Pädagogische Hochschule. Sie hat die ideologische Grundlage für die neuen Lehrmittel geliefert, millionenteure Weiterbildungskonzepte dafür entwickelt und sich so ihr Stellenetat gesichert.

Die Reformbefürworter verschaffen sich Profilierung, Arbeit und finanzielle Mittel, weshalb viele Reformen ohne vorgängige Überprüfung der Praxistauglichkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit realisiert werden. Ob sie funktionieren und sich ein Bildungsmehrwert einstellt, wird dem puren Zufall überlassen.

Gleichzeitig verbaut man sich durch übereilte, millionenschwere Investitionen die Möglichkeit, eine Reform bei einem sich abzeichnenden Misserfolg abzubrechen. Denn ein Abbruch käme einer Übernahme von Verantwortung gleich, aber niemand möchte ein in den Sand gesetztes Millioneninvestment verantworten.

Das Zusammenspiel von Politik, Bildungswissenschaft und Privatwirtschaft, die sich Aufträge zuschanzen, macht den Widerstand gegen die ausufernden und millionenschweren Reformen schwierig. Der fundierten Argumentation von praxiserprobten Lehrpersonen mit der Kompetenz, die Tauglichkeit von Reformen zu beurteilen, stehen seitens der Reformbefürworter nur substanzlose Durchhalteparolen und die Desavouierung der Reformkritiker gegenüber.

Die FDP als Vertreterin der Wirtschaft und des Kapitals versucht die Quadratur des Kreises: Einerseits interessiert sie sich fast ausschliesslich für monetäre Themen, was sie in die Arme der Reformindustrie treibt. Andererseits will sie gute Schulabgänger und -abgängerinnen für den Arbeitsmarkt – wohlwissend, dass die Dauerreformen im Bildungsbereich genau dieses Anliegen hintertreiben. Und die SP? Sie ist ideologisch verblendet und somit mehr Gefahr als Stütze für die öffentliche Schule.


Bis diese etablierten Parteien wieder zur Raison kommen und Verantwortung für die Bildung übernehmen, müssen wir auf Verbände und Komitees, wie den Lehrerverein Baselland oder die Starke Schule zählen, die konsequent auf Missstände aufmerksam machen und politisch eingreifen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen