24. September 2017

Kritik an Schulchecks

Es überrascht mich nicht, dass Conradin Cramer an denins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Checks festhalten will. Erwartungsgemäss weicht der Bildungsdirektor einer inhaltlichen Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn dieser umstrittenen Form der Leistungsmessung aus, indem er seinen Entscheid aus rein formalistischer Sicht begründet (BaZ vom 20. September).
Eine inhaltliche Diskussion ist dringend, Basler Zeitung, 22.9. von Katja Christ

Der interkantonale Vertrag mit den drei Nordwestschweizer Kantonen Aargau, Baselland und Solothurn verpflichtet ihn, die Checks auch in Basel-Stadt beizubehalten. Ausserdem sei die standardisierte Leistungserhebung eben erst eingeführt worden, man könne deren Wirksamkeit deshalb noch gar nicht infrage stellen.

Angesichts der Verunsicherung der Elternschaft, der flächendeckenden Kritik aus der Lehrerschaft und der politischen Vorstösse in den beiden Basel ist eine inhaltliche Diskussion jedoch dringend angezeigt. Das sind wir unseren Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und deren Eltern wie auch den Steuerzahlenden schuldig. Es ist nicht zielführend, weiter in ein teures System ohne Mehrwert zu investieren.

Die Fakten zeigen ein deutliches Bild: Es war beabsichtigtes Ziel, mit den Checks die Leistungen der Schülerinnen und Schüler und somit auch die Unterrichtsqualität der Lehrpersonen flächendeckend zu messen und miteinander zu vergleichen. Mithilfe der so gewonnenen Erkenntnisse sollte dann die Qualität des Unterrichts verbessert werden.
Gemäss Statistik im neusten Bildungsbericht hat der Kanton Basel-Stadt von den beteiligten Kantonen am schlechtesten abgeschnitten. Die Meinungen über die möglichen Gründe für diesen Misserfolg gehen weit auseinander, was die fehlende Aussagekraft der Testresultate geradezu unterstreicht. Wir wissen demnach nicht, ob die Resultate auf ungenügendes «teaching to the test», auf die mangelhafte Qualität des Unterrichts, auf die soziale Herkunft oder – wie im Bericht betont – auf die Heterogenität der Schulklassen oder andere Gründe zurückzuführen sind. Die Heterogenität soll nach neusten Erkenntnissen nicht leistungsfördernd wirken, was vor dem Hintergrund der ebenfalls vor Kurzem eingeführten integrativen Schulung viele Fragen aufwirft.

Glaubt man zudem dem Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich, hängt das schlechte Abschneiden des Kantons Basel-Stadt mit dem sozialen Setting der Schülerschaft zusammen. Die Heterogenität in Bezug auf Migrationshintergrund, soziale Herkunft und Leistungen der Schülerinnen und Schüler sei im Kanton Basel-Stadt am stärksten.
Der Leiter des Instituts, Urs Moser, möchte deshalb einen Schritt weiter gehen. Neu soll nicht nur die Leistung der Lernenden erfasst werden, sondern auch das Bildungsniveau ihrer Eltern, um herausfinden zu können, ob und wie sich das Elternhaus auf die schulische Leistungsfähigkeit der Kinder auswirkt. Damit jedoch nicht genug: Auch die finanziellen Verhältnisse der Eltern sollen in der nächsten Evaluation berücksichtigt werden.
Eine derartige Ausweitung der Datenerhebung wäre höchst problematisch. George Orwells Roman «1984» lässt grüssen. Abgesehen von der Tatsache, dass der zusätzliche Verwaltungsaufwand weitere Kosten generieren würde, bezweifle ich, dass ein derartig grenzüberschreitendes Vorgehen zu neuen, gewinnbringenden Erkenntnissen führen würde.

Auch allfällige Optimierungen bezüglich Durchführung der Checks würden abermals Folgekosten verursachen. An der fehlenden Aussagekraft der Resultate würde sich jedoch genauso wenig ändern wie an der Tatsache, dass die Checks weiterhin enorme zeitliche und finanzielle Ressourcen verschlingen. Ein Verzicht auf Leistungstests, eine Reduktion derselben oder ein Ausweichen auf kostengünstigere Alternativen würde jährlich mehrere Hunderttausend Franken einsparen, die wesentlich sinnvoller für das schulische Kerngeschäft eingesetzt werden könnten, was sich mit Sicherheit positiv auf den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler auswirken würde.

Katja Christ, Parteipräsidentin und Grossrätin Grünliberale BS


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