18. August 2017

Vorsicht beim Loben

Müsste man nicht die Lehrpersonen häufiger motivieren und stärken? Ihnen aufzeigen, wie wichtig ihre Arbeit ist, dass sie nicht bloss arme Typen sind oder sowieso zu viel verdienen. Sollte man nicht ihr Image aufbessern?
C. H.
Liebe Frau H.Hm. Schwierig, schwierig. Denn die Schule ist ja keine geschützte Werkstatt des zweiten Arbeitsmarkts. Man muss also schon davon ausgehen, dass Lehrer(innen), die diesen Beruf ergreifen, dafür einigermassen intrinsisch motiviert sind und auch über ein genügend stabiles Selbstvertrauen verfügen, den Beruf auszuüben.
Müsste man Lehrer loben? Tages Anzeiger, 17.8. von Peter Schneider


Was die Imagepflege angeht, so stehe ich dem auch ziemlich kritisch gegenüber. Zunächst einmal ist die Vorstellung, Lehrer(innen) müssten besonders gepäppelt werden, dem Image des Berufes nicht gerade zuträglich. Achtung, die man sich nicht selbst erwirbt – genauer: erarbeitet –, sondern beansprucht, macht nicht froh, sondern vertieft eher das eigene Unbehagen. Man freue sich als Lehrer(in) über seine langen Sommerferien, ohne jedem, der es nicht hören will, unter die Nase zu reiben, dass die Ferien gar keine sind, sondern bittere Wochen der Fort- und Weiterbildung. Das Buhlen um Anerkennung ist denkbar kontraproduktiv.

Ich kenne das aus meinem Berufsstand der nichtärztlichen Psychotherapeuten (-innen). Wenn diese sich in der Öffentlichkeit äussern, um die Wichtigkeit ihres Berufes zu betonen, ist das oftmals unfreiwillig komisch. Je mehr man betont, wie unentbehrlich und nützlich für die Gesellschaft man ist, desto mehr weckt man Zweifel an dieser Unentbehrlichkeit. Je genauer man vorrechnet, wie mies die Honorare im Vergleich mit anderen Berufen sind, desto eher weckt man den Widerspruch, man habe sich den Beruf ja selber ausgesucht.
Wer ständig Respekt einfordert, bekommt am wenigstens davon ab. Einmal habe ich als Argument für die Geringschätzung der nichtmedizinischen Therapeuten sogar gelesen, man könne ja nicht einmal einen Patienten in die Klinik zwangseinweisen. (Schade eigentlich. Wenigstens sollte man zum Ausgleich eine Waffentrageerlaubnis bekommen.)

Kurz: Wer allzu sehr die eigene Wichtigkeit betont, erweckt damit weder Sympathie noch Respekt, sondern schürt nur den Verdacht, da möchte jemand seinen an sich durchaus legitimen Eigennutz als unbestreitbaren und unverhandelbaren Gemeinnutz verkaufen. 


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