22. August 2017

Umstrittene Sparübung bei Privatschulen

Ein überparteiliches Komitee empfiehlt ein Nein zur Abschaffung der Privatschul-Beiträge.
Mehrkosten statt Einsparungen, Basler Zeitung, 22.8. von Thomas Dähler



Die Privatschulen sind für den Kanton Baselland nicht eine Belastung, sondern eine Entlastung. Ihr Spareffekt beträgt jährlich 15 bis 20 Millionen Franken. Dies hat Landrätin Marie-Theres Beeler (Grüne) gestern in Liestal an einer Medienkonferenz des Komitees «Nein zur Änderung des Bildungsgesetzes» vorgerechnet. Das überparteiliche Komitee bekämpft die Abschaffung der Privatschulbeiträge, über die das Baselbieter Stimmvolk am 24. September abstimmt. «Volksschule nicht belasten», lautet der Slogan des Komitees im Abstimmungskampf. «Es geht uns um die Möglichkeit einer positiven Schulkarriere für alle», sagte Beeler.

Nehme die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Privatschulen ab, stiegen die Kosten der Volksschule, argumentierte das Komitee. 16 747 Franken kostet ein Primarschüler die Gemeinde pro Jahr, 19 500 Franken den Kanton ein Sekundarschüler. Für eine Schülerin oder einen Schüler in einer Privatschule entrichtet der Kanton zurzeit hingegen nur einen Jahresbeitrag von 2500 Franken.

Weniger Privatschüler
Wenn der Kanton die Beiträge für die heute 2000 Schülerinnen und Schüler, die eine Privatschule besuchten, streicht, sinke diese Zahl. «Dies belastet die Volksschule und verursacht mit hoher Wahrscheinlichkeit Kosten, die über den heutigen Ausgaben von 3,7 Millionen Franken liegen», sagte Landrätin Florence Brenzikofer (Grüne). Im Abstimmungsbüchlein steht das Gegenteil: Der Kanton spare mit der Massnahme drei Millionen Franken. Anders als das Komitee «Nein zur Änderung des Bildungsgesetzes» gehen die Regierung und die Mehrheit des Landrats davon aus, dass auch mit 2500 Franken Mehrkosten gleich viele Eltern wie heute ihre Kinder in Privatschulen schicken.
Brenzikofer wies vor den Medien darauf hin, dass vor allem die Sekundarschulen heute mit Klassengrössen arbeiteten, die nahe beim Maximum von 24 Schüler pro Klasse liegen. Wenn noch mehr Schüler dazukämen, müssten zusätzliche Klassen gebildet werden. Nur schon zehn zusätzliche Klassen würden zu Mehrkosten von 2,85 Millionen Franken für den Kanton und die Gemeinden führen. Einige der Privatschulen seien zudem in ihrer Existenz gefährdet.

Das Komitee kritisierte, dass Bildungsdirektorin Monica Gschwind nicht klar deklariere, mit welchen Zusatzbeiträgen gerechnet werden könne. Die Vorlage zur Abschaffung der Beiträge wurde vom Landrat mit einer Härteklausel versehen, gemäss der die Regierung statt der heutigen Pauschalbeiträge für einkommensschwache Familien abgestufte Unterstützungsbeiträge festlegen könne. Gemäss mündlichen Aussagen der Bildungsdirektorin kämen Familien mit einem Einkommen von bis zu 70 000 Franken und mit einem oder mehreren Kindern in der Privatschule in den Genuss solcher Beiträge. Genaue Rechnungen über die finanziellen Auswirkungen dieser Härteklausel gibt es ebenso wenig wie über die finanziellen Folgen der Streichung der Beiträge insgesamt.
In der Antwort der Regierung auf einen Vorstoss von Jan Kirchmayr (SP) heisst es, Voraussagen zu den Kosten der Härtefälle seien nicht möglich, weil diese Berechnung «einen unverhältnismässigen administrativen Mehraufwand und somit höhere Personalkosten zur Folge» habe. Michael Weiss, Vizepräsident und Geschäftsführer des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Baselland (LVB), erklärte, gemäss seinen Berechnungen käme es bereits zu Mehrkosten, wenn nur gerade 15 Prozent weniger eine Privatschule besuchten.

Ein Bildungsangebot für alle
Béatrice Scholtes, Präsidentin der Elternlobby Baselland, plädierte für ein Nein, weil mit dem Wegfall der Privatschul-Beiträge vielen Familien aus Kostengründen eine Alternative verwehrt werde, wenn ihre Kinder in der Volksschule nicht zurechtkämen. «Ein vielfältiges Bildungsangebot macht Baselland für Familien attraktiv», sagte Scholtes. Dies sei heute auch ein Grund, sich für Baselland als Wohnkanton zu entscheiden. Die Privatschul-Beiträge hätten dazu geführt, dass die Anzahl Privatschülerinnen und Privatschüler seit 1999 um 23 Prozent gestiegen sei.

Mehrere Privatschulen kennen Schulgelder nach Einkommen, so die Schule für offenes Lernen in Liestal (SOL), die Steiner-Schulen sowie die Unica in Liestal. Die geplante Härtefall-Regelung ändere nichts daran, dass viele Familien sich die Schule bei einer Streichung der Beiträge nicht mehr leisten könnten. Dem Komitee «Nein zur Änderung des Bildungsgesetzes» gehören neben den Vertreterinnen der Grünen auch aktive Politiker aus SP, FDP, CVP, EVP, BDP und Grünliberalen an.


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