18. Juli 2017

Luzerner Regierung erklärt Lehrplan-Initiative für teilweise ungültig

Die Luzerner Regierung will die kantonale Initiative «Bildungsreformen vor das Volk» teilweise für ungültig erklären. Die Umsetzung des Lehrplans 21 in der gesamten Deutschschweiz rückt damit näher.

Lange schien es, als könnte der Protest zu einer Volksbewegung werden. In zahlreichen Deutschschweizer Kantonen sammelten Komitees unterschiedlichster Zusammensetzung erfolgreich Unterschriften für mehr Mitsprache des Volkes bei Bildungsfragen. Die Initianten wollten auf diese Weise verhindern, dass auf ihrem jeweiligen Gebiet der umstrittene Lehrplan 21 eingeführt wird.
Neuer Rückschlag für die Gegner des Lehrplans 21, 10.7. von Erich Aschwanden


Volk vertraut Regierung und Parlament

Aus der von den Kritikern erhofften Kettenreaktion wurde jedoch nichts, kam es doch gar nie zur Initialzündung. Mit schöner Regelmässigkeit lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Volksbegehren nämlich ab. So zuletzt im Kanton Solothurn, wo es die Gegner des Lehrplans 21 nur auf knapp über 34 Prozent Zustimmung brachten. Im Aargau, in St. Gallen, Schaffhausen und im Thurgau sowie an der Landsgemeinde in Appenzell Innerrhoden obsiegten die von Regierungen und Parlamenten unterstützten Befürworter des Lehrplans 21 noch deutlicher. Es war von Ohrfeigen für die Kritiker der Schulreformen die Rede. In weiteren Kantonen kamen Volksbegehren gar nicht zustande oder wurden zurückgezogen.
Angesichts dieser eindeutigen Resultate gewinnt man den Eindruck, dass in Kantonen wie Zürich, Bern, Basel-Landschaft und Graubünden, wo noch Volksbegehren hängig sind, nur noch Rückzugsgefechte stattfinden. Der Umsetzung des Lehrplans 21, die in vielen Kantonen mit Beginn des kommenden Schuljahres ansteht, scheint fast nichts mehr im Wege zu stehen.
Neuerlich schlechte Botschaft kam für die Initianten am Montag aus dem Kanton Luzern. Dort empfiehlt der Regierungsrat dem Parlament nämlich, die Gesetzesinitiative «Bildungsreformen vor das Volk» in zentralen Punkten für ungültig zu erklären. So verstosse die Forderung, dass vom Regierungsrat beschlossene Lehrplanänderungen direkt dem obligatorischen Referendum unterstellt werden sollen, gegen die Kantonsverfassung. Diese lasse nur Referenden gegen Beschlüsse des Kantonsrates zu. Dasselbe gelte für die Forderung eines nachträglichen obligatorischen Referendums bei Lehrplanänderungen seit 2014.
Weiter verlangt die Initiative, dass interkantonale Vereinbarungen, wie der Lehrplan 21, vom Kantonsrat genehmigt werden und dem fakultativen Referendum unterliegen. Dies widerspreche der Kompetenzregelung bei interkantonalen Verträgen und könnte nur per Verfassungsinitiative geändert werden, argumentiert die Luzerner Regierung.

Bestätigung durch das Bundesgericht

Ob die Initiative tatsächlich teilweise für ungültig erklärt wird, muss in den nächsten Monaten der Luzerner Kantonsrat entscheiden. Eine Volksabstimmung könnte frühestens im Mai 2018 stattfinden. Dem Initiativkomitee ist die rechtliche Problematik bekannt, wie es in einer Stellungnahme mitteilt. Deshalb liess das Komitee das Volksbegehren durch den Staatsrechtler und ausgewiesenen Experten der Luzerner Kantonsverfassung, Professor Paul Richli, prüfen. Dieser sei zum Schluss gekommen, dass kein Verstoss gegen gültiges Recht vorliege. Barbara Lang, SVP-Kantonsrätin und Co-Präsidentin des Initiativkomitees, wirft Bildungsdirektor Reto Wyss vor, mit diesem Vorgehen Verzögerungstaktik zu betreiben. «Die Regierung muss so gar nicht inhaltlich Stellung nehmen. Bis es zur Abstimmung kommt, ist der Lehrplan 21 bereits eingeführt», kritisiert Lang.
Luzern wäre nicht der erste Kanton, in welchem die Gegner des Reformprojekts auf diese Weise gebremst werden. Der Schwyzer Kantonsrat erklärte bereits Ende 2015 eine noch weiter gehende Initiative für ungültig. Das Bundesgericht stützte im Oktober 2016 diesen Entscheid. Das Begehren verstosse gegen die Einheit der Materie und gegen übergeordnetes Recht, lautete unter anderem die Begründung. Auch in St. Gallen erklärte das Parlament eine Initiative für ungültig, die eine entsprechende Änderung des Volksschulgesetzes verlangte. Dieser Entscheid wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt.


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